Ausgabe Nr. 6/2021 (November/Dezember)
Themen dieser Ausgabe: Abzug von Bewirtungsaufwendung, Wechsel Bewertungsmethode eines Dienstwagens, Zinssatz von 6 % verfassungswidrig, Spekulationsgewinn bei Schenkung eines Grundstücks, Verkauf einer Immobilie mit Arbeitszimmer
Abzug von Bewirtungsaufwendungen
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat sich zur steuerlichen Abziehbarkeit von Bewirtungsaufwendungen geäußert. In dem aktuellen Schreiben, das für die Finanzämter verbindlich ist, reagiert das BMF insbesondere auf technische Änderungen im Kassenwesen und die Digitalisierung in der Buchführung.
Hintergrund: Die Kosten für die Bewirtung von Geschäftspartnern sind nach dem Gesetz zu 70 % steuerlich absetzbar. Ein Abzug der Kosten setzt u. a. voraus, dass die Aufwendungen angemessen sind und dass ihre Höhe und betriebliche Veranlassung nachgewiesen werden. Für den Nachweis muss der Unternehmer zahlreiche Angaben machen. Fand die Bewirtung in einer Gaststätte statt, genügen Angaben auf einem Eigenbeleg zu dem Anlass und den Teilnehmern der Bewirtung. Die Rechnung über die Bewirtung ist beizufügen.
Wesentliche Aussagen des BMF:
Zum Inhalt einer Bewirtungsrechnung gehören der Name und die Anschrift des Bewirtungsbetriebs, die Steuer- oder Umsatzsteueridentifikationsnummer, das Ausstellungsdatum, die Rechnungsnummer, die Leistungsbeschreibung, der Tag der Bewirtung, der Rechnungsbetrag und der Name des bewirtenden Unternehmers.
- Bei der Leistungsbeschreibung sind Bezeichnungen wie „Menü 1“, „Tagesgericht 2“ oder „Lunch-Buffet“ ebenso ausreichend wie Abkürzungen, die aus sich selbst heraus verständlich sind. Allgemeine Angaben wie „Speisen und Getränke“ genügen allerdings nicht.
- Der Name des bewirtenden Unternehmers muss auf der Rechnung – und nicht nur bei den teilnehmenden Personen – enthalten sein, wenn der Rechnungsbetrag höher ist als 250 €; der Name kann handschriftlich vom Gastwirt auf der Rechnung vermerkt werden.
- Trinkgeld ist ebenfalls grundsätzlich absetzbar und kann durch die Rechnung nachgewiesen werden, wenn es auf dieser vermerkt ist, oder durch den Trinkgeldempfänger auf der Rechnung quittiert wird.
Die Bewirtungsrechnung des Gastwirts muss maschinell erstellt, elektronisch aufgezeichnet und mithilfe einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung abgesichert sein, wenn er ein elektronisches Aufzeichnungssystem mit Kassenfunktion, d. h. mit einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung verwendet. Rechnungen in anderer Form, wie z. B. handschriftlich erstellte oder nur maschinell erstellte Rechnungen, die nicht elektronisch aufgezeichnet und auch nicht mithilfe einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung abgesichert sind, werden für den Betriebsausgabenabzug nicht anerkannt.
Erstellt der Gastwirt an einem Tag nach der Bewirtung eine Rechnung, die dann unbar bezahlt wird, genügt die Vorlage der Rechnung und des Zahlungsbelegs über die unbare Zahlung.
Die gesetzlichen Anforderungen gelten auch für Bewirtungen im Ausland. Kann der Unternehmer glaubhaft machen, dass er eine detaillierte, maschinell erstellte und elektronisch aufgezeichnete Rechnung nicht erhalten konnte, genügt ausnahmsweise die ausländische Rechnung, auch wenn sie den o. g. Anforderungen nicht voll entspricht. Bei einer handschriftlichen Rechnung muss er glaubhaft machen, dass in dem ausländischen Staat keine Verpflichtung zur Erstellung maschineller Belege besteht.
Hinweise: Das aktuelle Schreiben enthält darüber hinaus ausführliche Erläuterungen zu digitalen und digitalisierten Bewirtungsrechnungen und -belegen.
Das Schreiben gilt in allen noch offenen Fällen und ersetzt das bisherige Schreiben, das aus dem Jahr 1994 stammt. Eine Übergangsregelung gibt es hinsichtlich der Angaben, die die Rechnung enthalten muss: Soweit das aktuelle Schreiben Verschärfungen gegenüber dem bisherigen Schreiben enthält, sind diese erst für Bewirtungsaufwendungen zu beachten, die nach dem 1.7.2021 anfallen.
Das BMF verlangt bei Bewirtungsbelegen, die bis zum 31.12.2022 ausgestellt werden, nicht, dass diese mithilfe einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung abgesichert sind.
Wechsel der Bewertungsmethode eines Dienstwagens
Das Finanzministerium Schleswig-Holstein hat sich zur Bewertung des geldwerten Vorteils bei der Überlassung eines Dienstwagens für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte und zu einem möglichen Wechsel der Bewertungsmethode im Laufe des Jahres und nach Abschluss des Jahres geäußert.
Hintergrund: Die Nutzungsmöglichkeit eines Dienstwagens für private Fahrten oder für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte führt zu einem geldwerten Vorteil. Ohne Führung eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs ist die Nutzungsmöglichkeit für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte grundsätzlich mit 0,03 % des Bruttolistenpreises für jeden Entfernungskilometer zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte monatlich anzusetzen. Alternativ kann eine Einzelbewertung der tatsächlichen durchgeführten Fahrten mit 0,002 % des Listenpreises vorgenommen werden. Die Einzelbewertung ist u. a. dann möglich, wenn der Dienstwagen für maximal 180 Fahrten pro Jahr zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt wird.
Wesentlicher Inhalt des Schreibens:
- Grundsätzlich gilt die Bewertungsregel, nach der 0,03 % des Bruttolistenpreises für jeden Entfernungskilometer zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte monatlich angesetzt werden, auch in denjenigen Monaten, in denen der Arbeitnehmer den Dienstwagen tatsächlich nicht nutzt, um zur Arbeit zu fahren.
- Ein Wechsel zur Einzelbewertung, bei der nur die tatsächlich erfolgten Fahrten berücksichtigt werden und diese mit 0,002 % des Listenpreises monatlich angesetzt werden, ist während des Jahres nicht möglich. Allerdings kann der Lohnsteuerabzug rückwirkend für das gesamte Jahr geändert werden, indem statt der 0,03 %-Methode die Einzelbewertung angewendet wird.
Hinweis: Die rückwirkende Einzelbewertung kann sinnvoll sein, wenn der Arbeitnehmer den Dienstwagen in einzelnen Monaten oder über einen längeren Zeitraum z. B. wegen der Corona-Krise nicht genutzt hat.
Zinssatz von 6 % verfassungswidrig
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hält den gesetzlichen Zinssatz von 6 % jährlich bzw. 0,5 % monatlich, der auf Steuernachzahlungen und Steuererstattungen angewendet wird, für Verzinsungszeiträume ab dem 1.1.2014 für verfassungswidrig. Trotz der Verfassungswidrigkeit ist der Zinssatz aber noch auf Verzinsungszeiträume bis zum 31.12.2018 anzuwenden. Für Verzinsungszeiträume ab dem 1.1.2019 darf der Zinssatz nicht mehr angewendet werden. Hier muss der Gesetzgeber eine Neuregelung bis zum 31.7.2022 treffen.
Hintergrund: Steuernachzahlungen und -erstattungen werden kraft Gesetzes mit einem Zinssatz von 6 % jährlich verzinst. Der Verzinsungszeitraum beginnt grundsätzlich 15 Monate nach Ablauf des Veranlagungszeitraums, also z. B. am 1.4.2017 für den Veranlagungszeitraum 2015. Allerdings gibt es aktuell Verschiebungen aufgrund der Corona-Krise. Seit langem ist umstritten, ob der Zinssatz von 6 % verfassungskonform ist. Denn er liegt deutlich über den tatsächlichen Zinssätzen im Wirtschaftsleben. Zu dieser Frage waren zwei Verfahren beim BVerfG anhängig, über die das Gericht nun entschieden hat.
Sachverhalte: In einem Fall ging es um den Verzinsungszeitraum vom 1.1.2010 bis 14.7.2014, während es in dem anderen Fall um den Verzinsungszeitraum 2010 bis 2012 ging. Die Kläger, die erhebliche Nachzahlungszinsen durch eine Außenprüfung an das Finanzamt zahlen sollten, hielten den Zinssatz von 6 % für verfassungswidrig.
Entscheidung: Das BVerfG sieht den Zinssatz ab dem Verzinsungszeitraum 1.1.2014 zwar als verfassungswidrig an, hält ihn aber trotzdem bis zum 31.12.2018 für weiter anwendbar:
- Der gesetzliche Zinssatz von 6 % p.a. führt zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung von Steuerpflichtigen, deren Steuer erst nach Ablauf der 15-monatigen Karenzzeit festgesetzt oder geändert wird, gegenüber solchen Steuerpflichtigen, deren Steuer innerhalb von 15 Monaten nach Ablauf des Veranlagungszeitraums festgesetzt wird.
- Zwar dient die Verzinsung der Abschöpfung eines Zinsvorteils. Diese Abschöpfung muss jedoch realitätsgerecht Tatsächlich herrscht seit 2008 ein Niedrigzinsniveau und seit 2013 gilt sogar ein negativer Basiszinssatz. Spätestens seit dem Jahr 2014 ist das Niedrigzinsniveau strukturell und nachhaltig, so dass der gesetzliche Zinssatz von 6 % über die Abschöpfung eines möglichen Zinsvorteils hinausgeht und die Grundrechte der Steuerpflichtigen verletzt.
- Aus haushaltswirtschaftlichen Gesichtspunkten ist der Zinssatz von 6 % jedoch noch bis zum 31.12.2018 anzuwenden. Ab dem 1.1.2019 gilt der Zinssatz nicht mehr. Hier muss der Gesetzgeber bis zum 31.7.2022 eine Neuregelung treffen.
Inzwischen hat sich auch die Finanzverwaltung zur Umsetzung der Entscheidung des BVerfG geäußert. Nach den Vorgaben des Bundesfinanzministeriums (BMF) gilt Folgendes:
- Erstmalige Zinsfestsetzungen für den Verzinsungszeitraum ab dem 1.1.2019 werden ausgesetzt, so dass eine Festsetzung zunächst unterbleibt und erst dann nachgeholt wird, wenn der Gesetzgeber einen neuen Zinssatz verabschiedet hat.
- Erstmalige Zinsfestsetzungen für den Verzinsungszeitraum bis zum 31.12.2018 ergehen endgültig und werden nicht mit einem Vorläufigkeitsvermerk versehen. Berücksichtigt werden nur volle Zinsmonate, die spätestens bis zum 31.12.2018 enden.
- Werden Zinsfestsetzungen für den Verzinsungszeitraum ab dem 1.1.2019 aufgrund eines Vorbehaltsvermerks geändert oder wird der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben, wird die geänderte Zinsfestsetzung ebenfalls ausgesetzt, unterbleibt also erst einmal, soweit es den Umfang der betragsmäßig neu festzusetzenden Zinsen betrifft; im Übrigen, d. h. im Umfang der bisherigen Festsetzung, ergeht die Zinsfestsetzung vorläufig.
Vergleichbare Regelungen bestehen, wenn es um die Änderung einer vorläufigen Zinsfestsetzung geht oder wenn die bisherige Zinsfestsetzung weder vorläufig ergangen ist noch unter einem Vorbehalt der Nachprüfung gestanden hat.
Für Einsprüche gegen Zinsfestsetzungen gilt Folgendes:
- Soweit sich der Einspruch gegen Verzinsungszeiträume bis zum 31.12.2018 richtet, ist der Einspruch als unbegründet zurückzuweisen.
- Richtet sich der Einspruch gegen einen Verzinsungszeitraum ab dem 1.1.2019, ist das Einspruchsverfahren auszusetzen, weil die Neuentscheidung des Gesetzgebers abzuwarten ist.
- Betrifft der Einspruch die Aussetzung der Festsetzung von Erstattungszinsen ab dem 1.1.2019, also die zunächst einmal unterbleibende Festsetzung von Erstattungszinsen, ist der Einspruch als unbegründet abzuweisen. Sobald der Gesetzgeber den neuen Zinssatz ab dem 1.1.2019 verkündet hat, ist die ausgesetzte Zinsfestsetzung nachzuholen.
- Eine Aussetzung der Vollziehung einer Zinsfestsetzung ist zu beenden, soweit die Aussetzung der Vollziehung Verzinsungszeiträume bis zum 31.12.2018 betrifft. Bezieht sich die Aussetzung der Vollziehung auf Verzinsungszeiträume ab dem 1.1.2019, bleibt sie bis auf Weiteres bestehen.
Hinweise: Der Beschluss des BVerfG gilt nur für Erstattungs- und Nachzahlungszinsen, nicht aber für sonstige Zinsen wie z. B. Stundungs-, Aussetzungs- oder Hinterziehungszinsen. Denn diese Zinsen, für die ebenfalls ein Zinssatz von 6 % gilt, waren nicht Gegenstand des Verfahrens vor dem BVerfG.
Das BMF ordnet nun auch an, dass entsprechende Zinsfestsetzungen (z. B. für die Stundung oder Aussetzung der Vollziehung) für endgültig zu erklären sind, wenn der Steuerpflichtige dies beantragt oder der Zinsbescheid aus anderen Gründen zu ändern ist. Ein Einspruch gegen eine derartige Zinsfestsetzung ist als unbegründet zurückzuweisen.
Sollte es hinsichtlich dieser Zinsen zu einem Verfahren vor dem BVerfG kommen, ist schwer vorstellbar, dass das BVerfG zu einer anderen Entscheidung als der Verfassungswidrigkeit ab dem 1.1.2019 kommt. Daher sollte der Zinssatz von 6 % bei diesen Zinsen (z. B. Stundung oder Aussetzung der Vollziehung) nicht akzeptiert werden.
Spekulationsgewinn bei Schenkung eines Grundstücks
Die unentgeltliche Übertragung eines Grundstücks innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist auf die eigenen Kinder, die es anschließend sogleich mit Gewinn an den vom Elternteil ausgesuchten Erwerber verkaufen, ist kein Gestaltungsmissbrauch. Daher muss das Elternteil keinen Spekulationsgewinn versteuern, sondern nur die Kinder, denen die Anschaffung durch das Elternteil zugerechnet wird. Hierdurch kann es zu einer erheblichen Steuerersparnis kommen, wenn der Steuersatz der Kinder deutlich niedriger ist als der des Elternteils.
Hintergrund: Der Verkauf eines Grundstücks des Privatvermögens innerhalb von zehn Jahren nach Anschaffung mit Gewinn führt zu einem steuerpflichtigen Spekulationsgewinn. Wird dem Steuerpflichtigen das Grundstück geschenkt, wird ihm der entgeltliche Erwerb durch den Rechtsvorgänger (Schenker) zugerechnet.
Sachverhalt: Die Klägerin kaufte im Jahr 2011 ein Grundstück. Im Jahr 2012 schenkte sie ihren beiden volljährigen Kindern jeweils das hälftige Miteigentum an dem Grundstück, nachdem sie einen Käufer für das Grundstück gesucht und die Verkaufsverhandlungen geführt hatte. Noch am Tag der Schenkung verkauften ihre Kinder das Grundstück an den von ihrer Mutter, der Klägerin, ausgesuchten Käufer und erzielten nach Abzug des von ihrer Mutter im Jahr 2011 gezahlten Kaufpreises einen steuerpflichtigen Gewinn in Höhe von ca. 97.500 €. Das Finanzamt bejahte einen Gestaltungsmissbrauch und rechnete den Gewinn der Klägerin als Spekulationsgewinn zu. Hiergegen wehrte sich die Klägerin.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt:
- Die Klägerin hat keinen Spekulationsgewinn erzielt, da sie das Grundstück nicht verkauft hat. Ihre Schenkung an ihre beiden Kinder löst keinen Spekulationsgewinn aus, da ein Spekulationsgewinn einen Verkauf voraussetzt.
- Die unentgeltliche Übertragung des Grundstücks an die Kinder vor dem Verkauf durch die Kinder stellt keinen steuerlichen Gestaltungsmissbrauch dar. Ein steuerlicher Gestaltungsmissbrauch kann nicht angenommen werden, wenn die Gestaltung vom Gesetzgeber bereits gesehen worden ist und er in einem Gesetz hierauf reagiert hat.
- Eine solche Reaktion des Gesetzgebers findet sich im Einkommensteuergesetz. Denn bei einer unentgeltlichen Übertragung des Grundstücks wird dem neuen Eigentümer (sog. Einzelrechtsnachfolger) der entgeltliche Erwerb durch den Rechtsvorgänger (Schenker) zugerechnet. Auf diese Weise muss der neue Eigentümer einen Spekulationsgewinn versteuern, wenn er das Grundstück innerhalb von zehn Jahren nach dem Kauf durch den Rechtsvorgänger verkauft; denn der Beschenkte gilt nun als entgeltlicher Erwerber. Gäbe es diese gesetzliche Regelung nicht, würde der Einzelrechtsnachfolger keinen Spekulationsgewinn erzielen, weil ein Spekulationsgewinn einen entgeltlichen Erwerb (Kauf) und eine entgeltliche Übertragung (Verkauf) voraussetzt.
- Der Gesetzgeber wollte also, dass bei einer Schenkung eines Grundstücks und bei einem Verkauf dieses Grundstücks durch den Beschenkten innerhalb von zehn Jahren nach Erwerb durch den Schenker der Spekulationsgewinn beim Beschenkten entsteht und versteuert werden muss. Der Spekulationsgewinn kann daher nicht der Klägerin als Schenkerin zugerechnet werden.
Hinweis: Unbeachtlich war, dass die Klägerin die Verkaufsverhandlungen geführt hatte. Denn die volljährigen Kinder der Klägerin waren nicht verpflichtet, an den von der Klägerin ausgesuchten Käufer zu verkaufen. Auch waren sie nicht verpflichtet, den Verkaufserlös an die Klägerin abzuführen.
Im Ergebnis müssen die Kinder zwar einen jeweils hälftigen Spekulationsgewinn versteuern; ihr Steuersatz war allerdings deutlich niedriger als der der Klägerin, so dass es insgesamt zu einer Steuerersparnis von ca. 14.000 € kam. Außerdem kann die Schenkung des Grundstücks an die Kinder Schenkungsteuer auslösen; allerdings greift hier ein Freibetrag von 400.000 € pro Kind, der für Schenkungen innerhalb eines Zehnjahreszeitraums gilt.
Verkauf der Immobilie mit Arbeitszimmer
Die Veräußerung einer selbstgenutzten Immobilie innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist löst keinen steuerpflichtigen Spekulationsgewinn aus, auch wenn in der Immobilie ein häusliches Arbeitszimmer genutzt worden ist. Trotz des Arbeitszimmers gilt für die gesamte Immobilie die steuerliche Freistellung für selbstgenutzte Immobilien.
Hintergrund: Wer eine Immobilie innerhalb von zehn Jahren nach Anschaffung mit Gewinn verkauft, erzielt einen sog. Spekulationsgewinn, der einkommensteuerpflichtig ist. Allerdings enthält das Gesetz eine Steuerfreistellung für selbstgenutzte Immobilien.
Sachverhalt: Die Klägerin war Lehrerin und erwarb im Jahr 2012 eine Eigentumswohnung, die sie selbst nutzte und in der sie ein häusliches Arbeitszimmer für ihre Tätigkeit als Lehrerin einrichtete und nutzte; der Anteil der Fläche des häuslichen Arbeitszimmers an der Gesamtwohnfläche betrug 10,41 %. Im Jahr 2017 verkaufte sie ihre Wohnung mit Gewinn. Das Finanzamt erfasste 10,41 % (ca. 11.000 €) des Veräußerungsgewinns als steuerpflichtigen Spekulationsgewinn.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) verneinte eine Steuerpflicht und gab der Klage statt:
- Zwar hat die Klägerin eine Immobilie innerhalb von zehn Jahren nach ihrer Anschaffung mit Gewinn verkauft und damit grundsätzlich einen Spekulationsgewinn erzielt.
- Für diesen Spekulationsgewinn gilt aber die gesetzliche Steuerfreistellung für selbstgenutzte Immobilien. Die Steuerfreistellung gilt auch, soweit sich in der Wohnung ein häusliches Arbeitszimmer befunden hat, das zur Erzielung nichtselbständiger Einkünfte genutzt worden ist.
- Für die Steuerfreistellung ist nicht erforderlich, dass die gesamte Immobilie zu eigenen Wohnzwecken genutzt worden ist. Es genügt, dass sie auch zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird und z. B. mit Familienangehörigen oder einem Lebensgefährten bewohnt wird. Ebenso genügt, wenn sie nur zeitweilig zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird, aber in der übrigen Zeit dem Steuerpflichtigen zur Verfügung steht.
- Es sind keine Anhaltspunkte erkennbar, dass der Gesetzgeber die Freistellung von der Steuerpflicht nicht auch auf häusliche Arbeitszimmer erstrecken wollte.
Hinweis: Das Urteil ist erfreulich, weil eine anteilige Steuerpflicht nunmehr nicht droht, wenn sich in einer selbstgenutzten Immobilie auch ein häusliches Arbeitszimmer befindet, das zur Erzielung von Überschusseinkünften genutzt wird (z. B. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, Vermietungs- oder Kapitaleinkünfte). Dabei verzichtet der BFH auch auf eine sog. Bagatellgrenze, so dass es für die Steuerfreistellung nicht auf die Größe des Arbeitszimmers ankommt. Anders ist die Rechtslage, wenn ein häusliches Arbeitszimmer zum sog. Betriebsvermögen eines Unternehmers gehört. Hier führt der Verkauf der Immobilie zu einem anteiligen steuerpflichtigen Gewinn.